Berlin-Tempelhof, Wir waren da!
Berlin/Stettin Pfingsten 2008 von Viktor Wyklicky
Durch den Bericht im DULV Info 4/07 ermutigt und in
verschiedene andere Gespräche mit Piloten, die schon dort waren, bestärkt,
wurde zu unserem 10 jährigen Pfingstjubiläum ein besonderes Ziel auserkoren -
Berlin-Tempelhof soll es sein.
Gerade für uns Bayern, die nicht so häufig mit Berlin direkt in Berührung
kommen, ist das schon ein Highlight an sich. So gingen auch schon einige Touren
an Berlin vorbei bzw. drum herum.
Im Winter wurden die ersten Kontakte zu Henry Maek geknüpft, er sollte der
Dreh- und Angelpunkt der Tempelhof Aktion werden, er hat einen Transponder in
seinem Trike und ist in Strausberg bei Berlin stationiert. Ohne den Transponder
geht da in dem dichten Luftraum von Berlin nichts mehr. Daneben wurde mit Hilfe
des Flightplanner von Ifos ein interessantes Begleitprogramm vorbereitet. Von
den 7 begeisterten Mitfliegern hatten am Ende nur 4 das Vergnügen dieses
besondere Erlebnis genießen zu dürfen.
So sah unser Flug durch die Mitte Deutschlands aus (Details: Auf die Grafik klicken)
Wir trafen uns wie gewohnt am Pfingstsamstag in Ippesheim um
unsere Flieger für die einwöchige Rundtour bereit zu machen. Wieder
unterstützt von unseren Frauen war ein Auto mit Anhänger am Boden mit dabei.
Mit kräftigen Ostwind ging es am Sonntag Morgen zur ersten Etappe in die
entgegengesetzte Richtung nach Becherbach. Mit 112 km/h Groundspeed waren die
200 km schnell hinter uns gebracht. Die Landung nach Osten sollte bei dieser
Windrichtung möglichst steil angesetzt werden, da vor der Schwelle sich
kräftige Turbulenzen bilden können. Aber mit unseren Geräten ist ein
Aufsetzten bei der Halbbahn völlig ausreichen, es geht gut den Berg rauf und
das bremst überschüssige Fahrt schnell ab. Im Lee der Halle waren die Trikes
relativ sicher abgestellt und wir konnten uns auf dem vermutlich ältesten
deutschen UL-Platz umsehen.
Weiter ging es zum UL-Platz in Naunheim/Maifeld bei Koblenz. Hier der Anflug
genau umgekehrt, freie Fläche auf beiden Seiten aber nach Osten hin leicht
abfallend, und das bei nur 170 m, das Kontrastprogramm zum späteren Tempelhof.
Aber dafür um so idyllischer, ein kleines Clubhaus mit einer Sitzgruppe unter
Bäumen. Sprit war kein Problem, Horst versorgte uns mit Kanistern von der
Tankstelle. Als Besonderheit präsentierte uns auf der Südseite die
Parallelpiste, die sich gerade in der Zulassung befindet. Also in Zukunft
aufpassen, wenn man hier die "06 R" bekommt, ist das kein Scherz und
wie gesagt Tempelhof lässt grüßen.
Neues Stadion in Gladbach
Weiter geht es nach Weilerswist, einer der großen UL-Plätze
in Deutschland. Freier An- und Abflug, ebene Piste, Hallen gleich in zwei Reihen
und ein nagelneues Clubhaus vom Feinsten. Mit Kaffee und Kuchen gut versorgt ging
es auf die letzte Etappe nach Kerken. Über den Nato-Flugplatz Nörvenich weiter
zum großen Tagebaugebiet westlich von Köln und vorbei am neuen Stadion in
Mönchengladbach. Kerken unser Etappenziel für heute sollte eigentlich
Ausgangspunkt für einen Rundflug um das Ruhrgebiet werden, aber der kräftige
Ostwind sollte weiter vorherrschen und damit wären 500 km nach Berlin an einem
Tag etwas zu sportlich. Also nur für eine Nacht Geräte verzurren und ab in die
nette Kleinstadt zum wohlverdienten Essen.
Der nächste Morgen begrüßte uns wieder mit Sonnenschein und so konnte der
Niederrhein erkundet werden. Eine seltene Segelregatta auf dem Rhein incl.
Berufsschiffer war auszumachen, gefolgt von dem umfunktionierten ehemaligen
Kernkraftwerk Kalkar, heute ein Erlebnispark mit bunt bemalten Kühlturm. An der
Grenze zur Niederlande ging es wieder nach Süden zum Flugtag in Goch. Wir
hatten unsere Ankunftszeit telefonisch noch korrigiert und so konnten wir, wie
einige weitere Flieger im Holding, nach einer Flugvorführung auf dem
großzügigen Grasplatz einschweben. Für Sprit war vorgesorgt und nachdem die
Flieger aufgefüllt waren ging's hinein ins Volksfestgetümmel. Nach einer
spektakulären Flugshoweinlage mit zwei Synchronfliegern im stahlblauen
Mittagshimmel ging es für uns in Richtung Hauptstadt.
Landeplatz Wesel direkt am Rhein
Vorbei an dem direkt am Rhein gelegenen Flugplatz Wesel und einigen Blicken in
den Ruhrpott war das nächste Zwischenziel der UL-Platz in Waltrop. Hier
erwartete uns die gepflegteste Gras-Piste die man sich überhaupt vorstellen
kann. Grund, es wird hier Fertigrasen für Fußballfelder und dergleichen
angebaut. Manko hier sind nur die Hochspannungsleitungen, die den Platz im
Norden und Westen begrenzen. Bei diesigem Wetter eine echte Herausforderung bei
Anflug aus Westen, aber heute bei unseren Sichten kein Problem. Wir wurden auch
richtig profimäßig herunter gesprochen, toller Service. Der Abflug durch die
Bäume im Osten etwas verwirbelt, aber dafür anschließend freie Felder. Tanken
wäre auch kein Problem, im Endteil gleich eine Tankstelle an der Hauptstraße.
Über Drensteinsfurt und Bielefeld kamen wir dem ersten Verkehrslandeplatz
auf unserer Reise näher. Porta Westfalica hatten wir schon auf einer früheren
Tour überflogen, diesmal lag er für uns und unsere Begleitung verkehrsgünstig
an der A2 nach Berlin. Das Flugplatzrestaurant war noch gut besucht und eine
riesige Halle stand uns zur Verfügung. Ein Ballon startete noch in den
Abendhimmel und so genossen wir den herrlichen Sonnenuntergang am Platz.
Mit einem weiteren Eagle-Trike aus Dankern starteten wir am Morgen erst mal
Richtung Harz, um den Brocken zu erklimmen. Ein kurzer Zwischenstop im dunstigen
Salzgitter Schäferstuhl, wo es uns nicht nur beim Anflug aufgrund der
Westhanglage bei kräftigem Ostwind gut durchschüttelte. Die Sichten zum
Brocken waren dann schon wieder recht klar, wenn da nicht gerade eine
Schönwetterwolke den passenden Rundumblick versperrte.
Magdeburg Abflug Transall
Zurück im etwas
diesigen Flachland war Magdeburg als nächstes auf unserer Liste. Der Luftraum F
wird eher selten aktiviert, trotz neuer Abfertigungshalle, ein Linienflug ist
derzeit nicht in Betrieb. Dafür eine Transall der Luftwaffe mit Verlegeübung.
Ein kleiner Imbiss am Kiosk und eine Besichtigung der stillgelegten
Interflugmaschine, die, wie uns erklärt wird, als eine der letzten mit
Fallschirm gebremst wurde. Nachdem wir mit dem Tanken heute etwas Probleme
hatten, in Porta die Pumpe defekt, in Salzgitter die letzten 10 Liter im Tank
und in Magdeburg wurde der Tanker schon am Vormittag erwartet, kamen wir nach
der Pause doch noch zu unserem feuchten Nass. Grob der A2 entlang nach Saarmund
war es dann nur noch ein "Katzensprung" von 1,5h. Dort erwartet einen
eine typische südländische unbefestigte Piste, wo man nach dem Landen so wenig
wie möglich Gas geben sollte, weil der Prob sonst jede Menge loses Material
durchschaufelt, aber zumindest der Taxiway ist mit Rasengitter etwas
aufgemöbelt und leicht zu rollen. Die Bodencrew hat auch schon den verwilderten
Weg zum Platz gefunden, so daß wir uns heute wieder ins Restaurant absetzten
können. Henrik, der Eagle Hersteller, hat auch gleich eine gute Idee und auch
die Unterkünfte sind schnell geregelt.
Mittwoch 14. Mai 2008 wir fliegen an der Kontrollzone im Süden Berlins mit
Blick auf die Ruinen des aufgelassenen Flugplatzes Rangsdorf vorbei. Das
Markenzeichen der Bückerwerke ist in den Rasen gemäht. Anschießend einen
weiten Blick auf die Großbaustelle Schönefeld. Wir sind termingerecht in
Strausberg, unserem Sammelpunkt zum gemeinsamen Flug nach Tempelhof.
Briefing zum Ablauf, Flugroute, Frequenzen werden noch mal angesprochen und der
Hinweis vor lauter Fotografieren oder Filmen nicht den Vordermann aus den Augen
verlieren oder wichtiger ihm zu nahe zu kommen. 11 Uhr Abflug in die City über
Echo 1.
Berlin Regierungsviertel
Die Stadt ist schön durch die Sonne im Rücken beleuchtet. Wir bekommen
die Platzrunde im Norden des Platzes, der Potsdamer Platz zum greifen nah.
Dahinter das Regierungsviertel und der Hauptbahnhof. Das Brandenburger Tor ist
nur zu erahnen, es versinkt im Häusermeer.
Berlin-Tempelhof Tower im Anflug auf die 09 L
Auf der anderen Seite nur ein Ziel
im Blickfeld - Tempelhof, das große gebogene Gebäude mit dem riesigen Vorfeld.
Während der für unsere Verhältnisse großzügigen Platzrunde, konnten wir
dieses imposante Gebilde ausgiebig genießen. Trotzdem, im nachhinein ging alles
viel zu schnell. Im ewig langen Endteil direkt vorbei am Tower ein bleibendes
Bild mit einem Teil der Fläche und dem riesigen Abfertigungsgebäude. Beim
Rollen habe ich meine Kamera dann auf Video umgestellt und das Rollen unter das
Schleppdach gefilmt - einfach gigantisch. Unsere sieben Trikes wurden nicht
einfach auf dem Vorfeld mit den anderen Echomaschinen und Geschäftsfliegern
abgestellt, sondern durften unter das Hallendach in die Parkposition eingewiesen
werden. Wir hatten alle Zeit der Welt diesen Moment in Bildern und/oder besser
in Gedanken fest zu halten. Genüsslich durchschritten wir die halb offene
Metallkonstruktion in voller Länge.
Nach Erledigung der Formalitäten folgte der informative Teil des Besuchs, eine
Führung durch den Gebäudekomplex und der damit verbundenen Zeitreise in die
Vergangenheit. Über den Beginn, die Baustile und die dunklen Momente der Ära
Tempelhof wurde man aufgeklärt. Eine Geschichte für sich, die man sicher auch
nach Einstellung des Flugbetriebs noch miterleben kann. Zwei Wochen später kam
eine Dokumentation im ZDF, die fast unserem Ablauf des Fluges und der
anschließenden Führung entsprach, die habe ich mir natürlich mit
aufgezeichnet.
Berlin-Tempelhof Hallendach mit Rosinenbomber
Nach dem wir durch die strenge Sicherheitsschleuse wieder zu unseren Fliegern
konnten, kam noch zum Abschied ein Rosinenbomber von einer Sightseeingtour
zurück und wurde direkt neben unseren Trikes zum Parken eingewiesen, nochmals
klickten unsere Auslöser.
Völlig unspektakulär verlief der Abflug über die Südbahn und dem Teltowkanal
nach Wiskey und weiter nach Saarmund - oder waren vielleicht nur unsere Sinne
von den Eindrücken überfordert.
Saarmund Grillen, kräftig aufgetischt durch unsere Begleitcrew
Den Abend ließen wir beim Grillen am Hangar
von Henrik gemütlich ausklingen.
Schlechtes Wetter kündigte sich von Südwestdeutschland zum Wochenende an, aber
wir wollten noch einen Abstecher nach Polen am nächsten Tag unternehmen. Der
inzwischen abgetrocknete Grasplatz von Stettin soll benutzbar sein, hieß es in
einen Telefonat. Flugplan und Verbindung zu Bremen Information und weiter zu
Gdansk Information klappten reibungslos. Nur den Flugplan schließen wollten sie
nicht per Funk, obwohl wir über dem Platz waren. Am Boden erkannten wir schon
die für uns ausgelegte Markierung für die nutzbare Landerichtung. Man merkte,
dass ein halbes Jahr nichts mehr an dem Platz gemacht werden konnte, im
Winterhalbjahr steht der Platz unter Wasser, er liegt teilweise unter dem
Meeresspiegel. Das Rollen auf der zweiten Piste zum Hangar war schon eine
Herausforderung für unsere kleine Reifen und stehen lassen an der Runway, da
wollte unser Betreuer für Nichts garantieren (neugierige Blicke vom
Flugplatzrand gegenüber).
Stettin Tower, hat schon bessere Zeiten gesehen
Die riesige Halle, an der wohl seit Ende des Krieges
nicht mehr viel gemacht wurde, war noch halb leer, die Segelflieger dort waren
noch im Winterschlaf. Eine Stadtrundfahrt war uns zu anstrengend, also ging es
in die moderne Marina gegenüber zum Essen und Erfahrungsaustausch. Die Betreuer
erzählten uns, dass eine Halle der Marina die ersten fliegerischen Aktivitäten
am Platz beheimateten, zuerst gab es einen Wasserflugplatz, erst später kam der
Grasplatz dazu. Nach vielen Vitaminen aus den üppigen Salattellern ging es nach
Aufgabe des Flugplans wieder die holprige Piste zur zweiten Startbahn. Mit einem
letzten Blick auf das Oderhaff beendeten wir unseren kurzen Ausflug nach Polen
und steuerten wieder Richtung Südwesten Eberswalde an.
Oder Hebewerk mit alter Schleusenanlage
Davor noch ein paar
Aufnahmen vom Oderkanal, der hier in einem riesigen Schiffshebewerk in den
Oderbruch hinunter geht. Daneben konnte noch die alte Schleusenanlage erahnt
werden. Vorbei an Werneuchen und um die Kontrollzone von Berlin erreichte wir
wieder Saarmund, wo uns der nächste Grillabend erwartete.
Die Wettervorhersagen hatten eigentlich für den Vormittag ein Regenband für
uns parat, aber das war noch nicht soweit vorangekommen und so machten wir uns
auf Richtung Riesa, wo uns die ersten Tropfen erwischten. Das Regenradar zeigte
jetzt eine nicht sehr tiefe und vor allen nicht durchgängige Front auf unserem
Weg Richtung Gera. Mit einigen Ausweichplätzen im Gepäck ging es nach kurzer
Pause weiter erst mal Richtung Süden um eine helle Stelle Richtung Westen zu
finden. Das gelang uns auch ganz gut, zwei kurze Regenschauer hielten unsere
Overalls ohne Probleme stand. Kurz darauf war wieder Sonnenschein pur angesagt.
Trotzdem waren wir froh, diesmal einen Hallenplatz in Gera zu bekommen, weitere
Regenfälle sollten in der Nacht folgen, so zumindest die Vorhersage. Wegen
eines Fallschirmspringermeetings am Wochenende, waren die Zimmer am Platz
ausgebucht und wir kamen in der Stadt gut unter.
Am nächsten Morgen noch Sonnenschein, aber im Süden schon geschlossene
Bewölkung und auf dem Radar kräftige Schauer bei Nürnberg. Richtung Suhl
sollte es besser aussehen, also etwas nördlich bei Jena noch einem Regengebiet
ausweichend ging es dem Thüringer Wald entgegen. Obwohl wir recht hoch anflogen
bekamen wir die Leeturbulenzen des Südwestwindes gut zu spüren und der Anflug
in Suhl war alles andere als ein geruhsamer Kaffeeflug. Aber es blieb trocken
und auch auf unserer letzten Etappe zurück nach Ippesheim blieben wir von den
vorhergesagten Regenschauern verschont.
Nach knapp 2200 km in 28 Stunden Flugzeit (fast nur mit
Gegenwind) eine beachtliche Leistung. Aber das war natürlich nur Nebensache,
denn jetzt konnten wir behaupten, in Anlehnung an Leo Halmannseggers
Fluggerätebezeichnung, das Königlich Bayrische Fetzenfliegergeschwader hat Preußen
und hier stellvertretend Berlin Tempelhof nahezu widerstandslos
eingenommen.
Danke noch mal an Henry Meak, der uns die Organisation vor Ort incl. Führung
abgenommen hat. Es war wie auch in der Dokumentation des ZDF Films richtig
bemerkt, der Traum eines jeden Pilot einmal in Tempelhof gewesen zu sein.
Sicher waren wir nicht die ersten Trikes dort, aber leider vermutlich, wie so
häufig nach unseren Touren, eine der Letzten vor der Schließung im Oktober
2008.