Italien 2009
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Einmal um die Alpen

Italien-Alpen Pfingsten 2009 von Viktor Wyklicky

 

Nachdem es mit Trikes in der Schweiz noch keine Möglichkeit der Einreise gibt, ging es also einmal außen herum. Damit sind die betroffenen Länder schon mal abgesteckt mit Frankreich, Italien, Österreich und als Besonderheit San Marino. Denn nachdem wir letztes Jahr zu unserer Pfingsttour noch einmal Berlin-Tempelhof anfliegen konnten, war es schwer hier noch einen adäquaten Anschluß zu finden. 

Alpenroute 2009 Unsere Route durch die Alpen nach Italien (Details: Auf die Grafik klicken)

Nun in der Planung sah das alles recht interessant aus, so eine Landung auf einem Altiport, am Mont Blanc entlang zum Flugtag nach Mailand, Turinumrundung, das Podelta mit einem Abstecher nach San Marino und zurück über das Hochtor an den Chiemsee. Aber wir kennen das ja mit Planung und Wirklichkeit und in den Alpen sollte man das Wetter noch ernster nehmen als man das schon im Überlandflug in Deutschland tut. Mit dazu beigetragen hat wie üblich der Flightplanner, der mit dem Skymap auf einem neuen PDA im Flug die perfekte Ergänzung war. Die UL Flugplatzliste für Italien war im wesentlichen auf den zwei Hautquellen von www.ulm.it und natürlich von der "Hausmarke" dem AvioPortolano www.avioportolano.it entnommen. Diesen gibt es in Buchform, Online und als Straßenkarte mit UL-Flugsicherungsaufdruck auf deren Homepage zu bestellen. Für Frankreich ist die Homepage www.nav2000.com ein Muß, denn dort gibt es auch die Links zu den AIP Auszügen zu den im Allgemeinen problemlos anzufliegenden Flugplätzen mit Kennung. Über den Mailkontakt konnte mit Google Übersetzung die Kommunikation einfach vorangetrieben werden. In der Praxis sieht das auch am Platz vor Ort weniger dramatisch aus, als sich das z.B. am Telefon ergibt. Nachdem so die wichtigsten Eckpunkte der Tour festgelegt wurden, musste in der letzten Woche vor dem Abflug nur noch das Wetter richtig "eingenordet" werden. Das war wie üblich nicht ganz einfach und kostete so mach schlaflose Nacht, auch noch während der Tour. 

Flugplanung in Kehl Flugplanung in Kehl

Mit kräftigem Nordostwind ging es am Samstag vor Pfingsten mit 4 Spidertrikes mit Rotax 582, einem neuen Tanarq von AirCreation mit Rotax 912 und einem bewährten EAGLE Trike mit BMW, sowie ergänzt durch eine Dreiachser Storch mit Jabiru Motor auf die erste Etappe von Ippesheim bei Würzburg nach Kehl bei Straßburg. In unserer Reiseflughöhe von 2000ft war selbst über dem Schwarzwald wenig Auf und Ab zu spüren, erst der Landeanflug in Kehl war durch die umliegenden Bäume und den noch kräftigen Wind (aber ziemlich genau auf der Bahn) recht anspruchsvoll. Der perfekte Empfang dort bescherte uns gleich Sprit vor Ort, Hallenplätze für die ganze Flotte und ein Hotel für alle gleich im nächsten Ort. In dem Gasthaus konnte auch noch gut gespeist werden, bevor alle GPS mit den Platzdaten für die erste Hälfte der Tour gefüttert wurden. Da die meisten mit Garmin Geräten ausgestattet waren, ging es per Direktübertragung vom Mastergerät zu den einzelnen Geräten in Null Komma Nichts. Briefing am nächsten Morgen im Clubraum am Flugplatz in Kehl mit Internetanschluß und WiFi Versorgung mit aktuellen grafischen Wetterdaten. Das brachte die erste Planänderung mit sich, in den Französischen Alpen war etwas Regen angesagt, nicht bis Genf hinauf, aber man kann ja nie wissen. Das Begleitteam mit Auto und Anhänger sollte eigentlich gemütlich gleich nach Mailand durchfahren, aber wenn wir gar nicht über die Alpen kommen, bringt uns das gar nichts. Also Auto marsch ebenfalls Richtung Genf zum nächsten Übernachtungspunkt. Mit Flugplan ging es gleich bei Straßburg über die Grenze und an den Vogesen nach Süden bis nach Belfort. Die 582 mit kleinem Tank konnten Sprit nachfassen. Weiter sollte es zum UL Platz Bonnay nördlich Besancon gehen. Landung wieder mit kräftigem Wind direkt auf der Bahn. Nur der verabredete Sprit war erst nach einiger Zeit aufgetrieben, aber es klappte. Tagesziel war Corbonod im Rhonetal 40 km südwestlich Genf. Herrlicher Blick von den Bergen hinab Richtung Genfer See, bevor es wieder hinunter ins Rhonetal mit dem Anflug auf die Asphaltpiste mit Antiskitbelag des Privatplatzes ging. Ein für UL Verhältnisse großer Platz mit einigen Hallen, jedoch keine Ansprechperson vor Ort. Also machten wir uns nach einigen Telefonaten selbst auf die Suche nach Unterkunft und Abendessen. Das war dann mit unseren bescheidenen Französischkenntnissen zum Scheitern verurteilt. Das einzige aktive Hotel im Ort war belegt und das was wir nach langem Suchen gefunden haben war eher eine teure Notunterkunft. Das Essen viel spartanisch an einer Schnellimbissbude aus, alles andere war bereits geschlossen. Wie gut dass wir da unsere Bodencrew dabei hatten, damit wir am nächsten Morgen mit gefüllten Tanks zum Abflug bereit standen. In der Früh fanden sich dann auch einige Piloten ein und das aktuelle Wetter war auch zu haben. Ganz klar war jedoch nicht, ob es über die Alpen reichen sollte. Mit Ausweichrouten und Plätzen im Koffer ging es also zum ersten Highlight auf der Tour zu einem richtigen Altiport. 

Anflug auf Megeve Altiport Anflug auf Megeve Altiport

Die AIP von Megeve hatte zwar im letzten November das UL Symbol in der Kopfleiste verloren, aber eine klärende Mail vorab lies die Landung zu. Der besondere Anflug eines Altiports war schon eine ausgefallene Nummer und bei idealen Null Wind Verhältnissen war das Wetter das erste Mal auf den Kopf gestellt. Allerdings sollte der Wind am Nachmittag kräftig zulegen, so auch die Auskunft vom dortigen Flugplatzchef. 

Gruppenfoto Megeve Altiport Gruppenfoto auf dem Megeve Altiport

Nach dem obligatorischen Gruppenfoto und dem Stempel im Flugbuch ging es dann doch am etwas wolkenverhangenen Mont Blanc in einer großen Schleife nach Italien ins Aostatal. 

Mont Blanc in Wolken

Mit ansonsten prächtigen Sichten auf die umliegenden Bergwelten war die erste Alpenüberquerung mit der Landung in Chatelair-Nus quasi schon nach 1,5 Stunden abgeschlossen. 


 

Aostatal mit dem UL-Gelände Chatelair Aostatal mit dem UL-Gelände Chatelair

Wir hatten uns dort wegen Sprit am Vormittag schon telefonisch mehr schlecht als recht angemeldet. Nach dem Desaster in Bonnay und Corbonod rechneten wir schon mit einem längeren Aufenthalt dort. Der Platz war eigentlich nur mit GPS zu finden, umgeben von Hochspannungsleitungen, vermutetet man dort alles andere als einen Flugplatz. 

Flieger auf dem UL-Gelände Chatelair Flieger auf dem UL-Gelände Chatelair

Aber die Landebahn war trotz Rückenwind ausreichen und noch bevor alle am Boden waren kamen auch schon die ersten Fliegerkameraden mit dem Auto und fragten nach unseren Wünschen. In Windeseile waren wir mit kühler Cola und frischem Sprit versorgt. Nach ausgiebiger Pause und Erfahrungsaustausch mit Händen, Karte und einigen englischen Brocken ging es auf die letzte Tagesetappe nach Mailand. 

Im Aostatal ging es hoch über dem Talwind nach Osten. Über der Gebirgskette im Süden, dem Grand Paradiso Nationalpark, waren mächtige Wolkengebilde zu erkennen, da wäre kein Durchkommen möglich gewesen. So aber konnten wir abgeschirmt bei strahlendem Sonnenschein die Ausläufer der Alpen Richtung Osten bis zum Lago Maggiore erkunden. Dabei mussten wir uns an die spärlichen 150m Flughöhe gewöhnen, in dieser Region ein nicht ganz beruhigender Einstieg ins Italienfliegen. In der Po-Ebene war das schon etwas besser. Schon von weiten wurden wir auf der 130.000 (UL Frequenz) auf dem UL Platz in Cogliate nordwestlich von Mailand empfangen. 

Aufreihen in Cogliate zum Flugtag Aufreihen in Cogliate zum Flugtag

Die Vorbereitungen für den Flugtag am nächsten Morgen liefen auf Hochtouren. Wir wurden gleich im Eingangsbereich demonstrativ zum Parken aufgereiht. Der Küchenchef zauberte uns ein Essen direkt im Clubheim des Platzes und die Unterkunft in der nahegelegen Stadt war ebenfalls geritzt. Mit 20 neuen Hallen, alle bestens gesichert, war es ein Vorzeigeplatz der dafür prädestiniert war eine Flugshow abzuhalten. Bis auf die obligate Hochspannungsleitung im Endteil war die Piste schon auf Golfplatzniveau. 

Val Susa mit der berühmten Kirche auf dem Felsen Val Susa mit der berühmten Kirche auf dem Felsen

Am nächsten Morgen schon unter den Augen der ersten Gäste ging es zu einem Tagestrip um Turin. Zuerst über viele bewässerte Felder der Po-Ebene bis zu den ersten Bergen westlich von Turin. Die dort auf einem Felsen thronende Kirche war jedoch von ihrer Ausstrahlung in keinster Weise mit der vom Mont Saint Michel in Frankreich vergleichbar, auch wenn das so in einigen Reiseführern beschrieben wurde. Dafür hatten wir wieder einen Platz gefunden, dessen Hilfsbereitschaft überwältigend war. Neben dem notwendigen Sprit ging es gleich in die Stadt um eine typisch italienische Pasta zu verspeisen. Eine Stunde später war der Fahrdienst wieder zur Stelle und brachte uns zu unseren wohlbehüteten Geräten. Das auch hier die Hochspannungsleitungen nur so kreuz und quer um den Platz verliefen, sei nur noch am Rande erwähnt. Denn den Abschuß schaffte ein Platz auf der Strecke, dessen Schwelle von einer 380 kV Leitung gekreuzt wurde! 

Besondere Platzverhältnisse Besondere Platzverhältnisse

Weiter ging es schon am fortgeschrittenen Nachmittag in das Weinbaugebiet um Asti. In Piernatale sollte jeder Weinkenner und Italiengourmet Station machen. Neben dem recht belebten Platz, der zum richtigen Flugplatz erhoben werden soll, gibt es sicher immer einen, der die richtige Adresse für eine Schlemmerrunde kennt. Für die überaus sehenswerte Flugshow zurück in Cogliate waren wir natürlich viel zu spät, aber auch so hatten wir einiges an diesem Tag erlebt. Also sollte es am nächsten Tag nur eine kurze Strecke zum Entspannen geben. Einen Abstecher zum Po bis nach Mantova und dann in die Kontrollzone von Verona. Dort liegt ein Agriturismo mit eigener Piste (Marmirolo www.agriturismocortecarnevale.it). Wir waren etwas vor dem angekündigten Termin im Anflug als gerade noch der Trecker die schmale Piste ins hohe Gras mähte. Das Vorfeld war gerade so groß, dass die sieben Maschinen dicht hintereinander geparkt von der Piste kamen. 

 

Hotel mit Privatpiste von oben Hotel mit Privatpiste von oben


Hotel mit Privatpiste Hotelblick aufs "Vorfeld"

Vor uns der Hotelpool und die sechs Zimmer mit Sonnenliegen, so konnte der Nachmittag voll genossen werden. Das Abendessen war vor Ort abgesprochen und war typisch italienisch. Mehrere Gänge mit Rotwein und Wasser ließen genug Zeit um die Eindrücke der vergangenen Tage auszutauschen. Ein weiterer Tagesausflug wurde recht früh in Angriff genommen, über das Po-Delta nach San Marino im Süden.  

Umrundung von San Marino Umrundung von San Marino

Der Stadtstaat hat eine eigene Piste auf seinem Hoheitsgebiet. Dunkle Gewitterwolken ließen uns nur einen kurzen Aufenthalt dort planen. Aber in der Stadt per Taxi angekommen wurden die Bedenken schnell zerstreut und es war ein unbeschwerter, aber kurzer Aufenthalt mit Bummel in der recht überschaubaren Touristenstadt möglich. Mit einem aktuellen Münzset für unseren Begleitfahrer in der Tasche ging es zurück Richtung Mantova. Auf halber Strecke bei Ferrara liegt noch Mal ein Platz mit eigenem Hotel der gehobenen Klasse in Vigarano, wo wir kurz Station machten.

Nachdem für den Freitag sich das Wetter von Westen her verschlechtern sollte, ging es in aller Herrgottsfrüh um halb acht Richtung Osten zum Rückflug über die Alpen. Kurz vor Aviano, der großen amerikanischen Militärairbase in Norditalien, war noch mal Nachtanken angesagt. Das erste Stück mit etwas Gegenwind lag hinter uns, dann ging es via Udine auf der Schlechtwetterroute nach Nötsch bei Villach in Österreich. Die Wolken auf 4000ft verzogen sich und es herrschte wieder Sonnenschein. Noch hatten wir aber den Alpenhauptkamm nicht hinter uns und so ging es mit kräftigen Südwind/Rückenwind nach Mauterndorf. Da der Platz hinter einem Bergrücken lag, war der Anflug nichts für eine gemütliche Kaffeefahrt, da ging es rauf und runter. 

verdiente Brotzeit in Mauterndorf verdiente Brotzeit in Mauterndorf

Aber heil unten angekommen konnten wir uns eine deftige Brotzeit zur Stärkung gönnen. Mit den nötigen lokalen Informationen zum Abflug bei dieser Windlage ging es über den Bergrücken wieder recht ruhig dem letzten Ziel des Tages Richtung Chiemsee entgegen. 

Abendstimmung am Chiemsee Abendstimmung am Chiemsee

Mit über 7 Stunden in der Luft ging der anstrengenste Teil der Tour auf dem beschaulichen Platz von Bad Endorf zu Ende. Das Wetter am nächsten Tag lies wieder mehrere Flugvarianten offen, nur trocken sollten alle nicht sein. Eine Warmfront und anschließend Gewitter waren angesagt, aber dazwischen sollte Fliegen möglich sein. Mit anfänglich gutem Rückenwind aus Osten ging es erst mal bis nach München, Neue Messe und Olympiaturm besichtigen, die Alianzarena war uns schon vom letzten Mal vertraut. Wieder kreuzten die Linienmaschinen nur wenige hundert Fuß über uns unseren Kurs. 

einzige Regenschauer der Tour Der einzige Regenschauer der Tour

An der Donau war es dann vorbei mit dem Blick auf die Alpen, die im Föhn noch schön zu erkennen waren. Die ersten Regentropfen begleiteten uns bei der Landung in Burgheim. Schnell ins trocken Clubheim und dort für die nächsten zwei Stunden Erfahrungsaustausch mit den Fallschirmspringern. Die letzten Regenschwaden zogen nach Osten weiter, als wir zu unserer letzten Etappe nach Ippesheim bei Würzburg aufbrachen. Mit einem Mix aus Sonnenschein und dunklen Wolken kamen wir trocken an unserem Ziel an. 

Nach knapp 3000 km in 34 Flugstunden ging die Längste unserer bisherigen 11 Pfingsttouren zu Ende. Mit zwei herrlichen Alpenüberquerungen konnte an die grandiose Landung in Tempelhof letztes Jahr "würdig" angeknüpft werden. Obwohl im nachhinein betrachte, wir in 8 Tagen von idealem Flugwetter begleitet wurden, waren gerade die Vorhersagen, die am meisten Nerven gekostet haben. Mal sehen ob wir uns im nächsten Jahr wieder mehr auf Sightseeing am Boden einstellen müssen, aber wir bleiben optimistisch und sagen ein bisschen Fliegen geht immer, muß ja auch nicht jedes Mal so viel sein wie diesmal.