Österreich 1991
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Einmal quer durch die Alpenrepublik Österreich

Ungarn/Österreich Sommer 1991 von Viktor Wyklicky

 

September 1991. Ich war auf dem Rückflug von der Europameisterschaft der Ultraleichtflieger in Baja (Ungarn). Da ich noch einige Tage Urlaub zur Verfügung hatte, entschloß ich mich, nicht den gleichen Weg, nämlich kürzesten, zurück zu nehmen. Dieser hatte mich von Tannheim bei Memmingen grob entlang der Donau nach Bad Vöslau (A) geführt.

Flugroute nach Ungarn Flugroute nach Ungarn  (Details: Auf die Grafik klicken)

Jetzt war ich wieder auf dem Weg dorthin, diesmal von Südosten an der Südseite des Neusiedler Sees. In den Alpenausläufern westlich von Wien hingen dunkle Regenwolken. Die Abendsonne stand schon recht tief und so konnte man sich nur von Auffanglinie zu Auffanglinie vortasten.
Ich erledigte in Ruhe meine Zollformalitäten und fragte nach einer Unterbringung im Ort. Der freundliche Beamte erklärte mir, daß es keine gute Verbindung nach Bad Vöslau gäbe und sagt, ich solle zum Flugplatz der Wiener Neustadt Ost fliegen, dort sei eine Pension direkt am Flugplatz.
Das kam meiner weiteren Flugroute sehr entgegen. Der Beamte erledigte gleich die notwendigen Telefongespräche und wies mich in das Anflugverfahren der Wiener Neustadt ein. Ich hatte noch genügend Sprit, so daß ich mich gleich auf den Weg machen konnte. Nach zwanzig Minuten kam ich an den deutlich sichtbaren Meldepunkt, einen Pulverturm, und setzte zur Landung an.
Zur Information: Es gibt auch noch den Flugplatz Wiener Neustadt West, ein reiner Militärplatz mit vielen verschiedenen Graspisten, dessen Luftraum man tunlichst meiden sollte; von einer Landung ganz zu schweigen. Ebenso meiden sollte man das Sperrgebiet östlich der Anflugroute.
Aber auf dem richtigen Boden angekommen, informierte ich mich gleich über die Wetteraussichten für den nächsten Tag. Keine Probleme, schönstes Wetter war angesagt und so konnte ich am Abend, nach einer deftigen Mahlzeit im Fliegerstüberl meine nächsten Flugziele abstecken.
Die komfortabel eingerichtete Pension hatte zwar ihren Preis, aber auch ein sehr gutes Frühstück. Danach konnte ich gleich am Platz mit den Startvorbereitungen beginnen. Der ziemlich nah an der Stadt gelegene Platz mit Asphaltpiste war 1989 Austragungsort der Segelflugweltmeisterschaft und damit stand der Spritversorgung nichts im Weg. Es gab Superbenzin frei Flugzeug.

Wiener Neustadt Flugplatz Wiener Neustadt Flugplatz

Nach dem Tanken holte ich mir, neben dem aktuellen Wetterstand - strahlender Sonnenschein - , wichtige Informationen über die in Frage kommenden Zielflugplätze Mauterndorf, Leoben, Trieben und Niederöblarn, den obligatorischen Stempel im Flugbuch, ein Erinnerungsfoto und auf ging's Richtung Alpen. Die Regenwolken vom Vortage waren verzogen, doch die Morgensonne konnte meine gut eingepackten Hände und Füße nicht so recht wärmen. Die Passhöhe des Semmerings rückte mit 980 m näher. Verdächtige Nebelschwaden schwappten über die Passhöhe, wie aus einem Hexenkessel, lösten sich aber auf meiner Seite auf. Ich glaubte schon umkehren zu müssen, da bis 1000 m im Tal jegliche Erdsicht fehlte. Als ich aber auf der Passhöhe, mit ausreichender Sichtweite, die Lage überblicken konnte, stellte sich die Nebelschicht als Staubewölkung des in Ost/West-Richtung verlaufenden Tales dar. Die Bergwelt nördlich und südlich waren bis zum Horizont und Boden frei. Mit der entsprechenden Erdsicht und ausreichenden Notlandeplätzen ging es auf dem nördlichen Höhenzug weiter Richtung Westen. 

Semmering Wolkenmeer Semmering Wolkenmeer

Der Blick Richtung Süden bot eine fantastische Szenerie mit dem Wolkenmeer im Vordergrund und den dahinter sich auftürmenden Bergen. So eine Stimmung erlebt man sonst eigentlich nur aus einem Airliner.
In Höhe Leoben war der Spuk dann endgültig vorbei und in 1500 m Höhe sah ich den kleinen Grasplatz Leoben unter mir friedlich in einem Seitental liegen. Doch ich näherte mich der Kontrollzone des Militärplatzes Zeltweg, die ich nördlich umflog.
Damit verbunden war jedoch auch eine Flughöhe von 2300 m und das bekamen wieder meine Finger und Zehen zu spüren, wobei ich mir schwor, auf dem nächsten Platz ein weiteres Paar Socken anzuziehen. Somit war ich froh, nach der Kontrollzone wieder auf warme 1800 m zu sinken und dem nächsten Ziel Mauterndorf zu zusteuern. 

Mauterndorf Platz Mauterndorf Platz

Mauterndorf ist der höchstgelegenste Flugplatz in Österreich und für mich einer der Gepflegtesten dazu. Die saftige Graspiste gleicht mit dem kurzgemähten Gras einem Golfplatz, Gott sei Dank ohne Sandgruben. Wie es sich im Anflug gehört, den Überflug von Häusern meidend, setzte ich sanft in der Parkanlage auf. Vorsichtig kamen schon die ersten Neugierigen auf mich zu, denn so ein Gefährt hatten sie hier noch nicht landen sehen. Kein Wunder bei den hohen Bergen ist ein Motor am Drachen schon Luxus. Nach über drei Stunden Flug war auch wieder etwas Platz im Tank, kein Problem bei einem Flugplatz mit Segelflugbetrieb. Natürlich mußte ich den Umstehenden Motorleistungsdaten, Drachen und Rettungsgerät, sowie meinen bisherigen Flugweg von und nach Ungarn erklären.

Mauterndorf Wetter Mauterndorf Wetter

Frisch gestärkt und aufgewärmt, in der jetzt doch recht warmen Sonne, lies ich mich vom Flugleiter über die Besonderheiten des Abfluges über den Tauempass einweisen. Jener, der hauptamtlich Chef der hiesigen Polizei war, bot mir gleich an, direkt nach Deutschland auszureisen, er könne für mich Zoll und Flugplanformalitäten erledigen.
Ich wollte jedoch das traumhafte Wetter, die Fernsicht und diese Landschaft noch etwas auskosten und so war mein nächstes Ziel Reute in Tirol.
Der Alpenhauptkamm, hier bei den Radstätter Tauern, war wie mit einem Lift überwunden. Die Flugroute war ideal für einen Thermikflug entlang der Hangkante und beförderte mich in wenigen Minuten von 1200 auf 300 m über die höchsten Gipfel. Der befürchtete Kälteschock der Morgenstunden entfiel. Es war angenehm und so konnte ich die Tauernautobahn, sowie verschiedene Skigebiete unter mir vorbei ziehen lassen. Die Eisenbahn schlängelte sich durch den Tunnel von St. Johann im Pongau Richtung Bad Gastein. Der Flugplatz Zell am See mit seiner Asphaltpiste war gut frequentiert; kein Wunder bei der Umgebung, eingerahmt von Bergen, begrenzt durch einen Golfplatz und dem Ort am Südufer des Sees. Mein Weg führte mich weiter entlang einer Schmalspurbahn zum Gerlospass und weiter übers Zillertal Richtung Inntal. Dort liegt die Kontrollzone des Internationalen Flughafens, welche ich eigentlich im Norden umfliegen mußte, doch das wäre wieder mit 3000 Höhenmetern verbunden gewesen.
Die Luftkarte wies den Pflichtmeldepunkt Jenbach aus und so versuchte ich über Innsbruck Control eine Durchfluggenehmigung zu bekommen. Die Verständigung war gut und ich bekam die Anweisung, mich am Nordrand der Berge zu halten und nördlich von Innsbruck wieder zu melden. Nachdem der Controller nochmals den Flugzeugtyp abgefragt hatte, wurde er stutzig und gab mir zu verstehen, daß UL-Fliegen in Österreich eigentlich verboten sei. Da ich aber darüber keine Diskussion auf dem stark frequentierten Äther führen wollte, befolgte ich nur seine Anweisungen und meldete mich pflichtgemäß nördlich von Innsbruck. 

Innsbruck Kontrollzone Innsbruck Kontrollzone

Dort ließ er nicht locker und fragte nochmals mit entsprechend verstimmter Tonlage -, wo ich eigentlich herkomme, wohl in der Annahme, daß ich ohne Flugplan von deutschem Boden eine Spritztour durch das Inntal mache. Also zählte ich ihm meine Stationen von der Einreise aus Ungarn bis zu meinem Zielflugplatz auf. Dies hatte ihn wohl überzeugt und ich hörte von ihm in meiner Angelegenheit nichts mehr.
Ich beobachtete noch das geschäftige Treiben auf dem Flughafen, sowie die Segelflieger, welche sich an der Hangkante in die Höhe schraubten. Dann meldete ich mich pflichtgemäß über Telfs aus der Kontrollzone ab.
In der Abendsonne folgte ich der Bundesstraße in Richtung Fernpaß. Dabei mußte ich feststellen, was Abwinde in den Alpen für eine Macht haben, denn auf einmal ging es wie im Fahrstuhl in die Tiefe. Selbst volles Gas nutzte hier nichts mehr. Erst als ich dieses Abwindfeld verlassen konnte, beruhigte sich der Höhenmesser wieder. Diese abendliche Talfahrt zeigte mir, wie wichtig in den Alpen eine ausreichende Höhe ist. Nachdem ich die Paßhöhe hinter mir gelassen hatte, war die Luft auch wieder "brettel eben". Der Platz in Reute liegt am Südwestausgang des Ortes direkt neben dem Lech. Wenn man von Osten her über das Schloß kommt, muß man erst eine weite Schleife nach Süden fliegen, um die Höhe abzubauen. Die Piste selbst ist nach allen Richtungen eingeschlossen, aber wo Motormaschinen landen, ist für ein UL natürlich ausreichend Platz. Wer jedoch nach Reute fliegen will, muß sich vorher eine Landeerlaubnis vom Platzhalter einholen, da wie bei vielen anderen Plätzen auch, das Lärmproblem das Leben schwer macht.
Die Unterkunft und der Sprit waren durch die Hilfsbereitschaft der ansässigen Fliegerkameraden schnell geregelt und so konnte ich den erlebnisreichen Tag mit einem Stadtbummel im lauen Sommerabend würdevoll ausklingen lassen. Am nächsten Morgen kam der Flugleiter eigens für mich auf den Platz, um mich rausstarten zu lassen. Dabei wies er mich nochmals eindringlich auf die örtlichen Gegebenheiten hin, unter anderem auf den Verlauf der Staatsgrenze. Ich dürfe nicht zu früh nach Westen abdrehen, sonst käme ich auf deutsches Gebiet, wo ein Flugplan notwendig wäre. Ich flog dann im Lechtal entlang nach Warth über den Hochtannbergpass. Diese Gegend war mir aus der Bodenperspektive schon bekannt, und so war es denn auch interessant, erwanderte Wege aus der Luft nachzuvollziehen.
Im Flachland gehen Flußtäler mit steigender Flughöhe schnell in eine Ebene über, aber hier erkennt man noch lange, warum man zu Fuß einige Schweißtropfen zurück gelassen hat.
Über den Bregenzer Wald mit dem Großen Walsertal und dem Furkajoch, geht es Österreichs westlichem Flugplatz entgegen.
Am Westrand des Bregenzer Waldes fällt dieser steil ins Rheintal ab und man sieht hinüber zu den Schweizer Bergen und im Norden den Bodensee. Als ich über einen Bergrücken ins Rheintal hinein flog, lag auch schon der Flugplatz Hohenems/Dornbirn zu meinen Füßen. Obwohl ich fast über dem Platz war, jedoch in 1800 m Höhe, war die Verständigung anfangs miserabel. Für diesen Flugplatz ist ebenfalls vorher eine Ausnahmegenehmigung zum Landen einzuholen.
Auf dem Flugplatz, er ist der einzige in Vorarlberg, ist neben der Zollstation auch ein Rettungshubschrauber des ÖAMTC ständig einsatzbereit.
Ich wurde freundlich empfangen und der Controller erledigte die Formalitäten mit der Flugplanaufgabe zur Ausreise nach Friedrichshafen.

Bregenz Bodensee Bregenz Bodensee

Nachdem keine Einsprüche kamen, ging es Richtung Norden der Heimat entgegen. über Bregenz am Pfänder entlang mit ausreichender Sicherheitshöhe über den Bodensee nach Lindau, zu Leuchtturm und Löwe, den Markenzeichen der Stadt im Schwäbischen Meer. In Friedrichshafen war es dann mit der gewohnten österreichischen Gemütlichkeit vorbei.
Auf dem betriebsamen Verkehrslandeplatz ist selbst an Werktagen einiges los und man hat sich auch als UL-Pilot an die entsprechenden Anflugverfahren bzw. Anweisungen der Controller zu halten.
So kam ich dann nach einigen Warteschleifen als Nummer zwei hinter einem Jet zur Landung.
Zu meinem Ausgangspunkt in Tannheim bei Memmingen zurückgekehrt, konnte ich auf einen insgesamt 1700 km langen Flug zurückblicken, wovon mir bestimmt jede einzelne Stunde lange in guter Erinnerung bleiben wird. UL Fliegen bei derart guten Wetterverhältnissen und guter Fernsicht ist ein kaum nachzuvollziehendes Erlebnis.