Süddeutschland 1998
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Ostdeutschland - Der “Schuß” ging nach hinten los und trotzdem keine enttäuschten Gesichter

Süddeutschland Pfingsten 1998 von Viktor Wyklicky

 

Die Planung unserer Pfingstwoche war ausgerichtet auf einen Flug über den Thüringer Wald zur Märkischen Seenplatte und zurück über den Harz nach Ippesheim. Als wir uns aber dort am Sonntag trafen, wurde uns sehr bald bewußt, daß wird ein recht feuchtes bzw. unmögliches Unterfangen. Aufliegende Bewölkung im Thüringer Wald und eine ausgedehnte Front von Saarbrücken über Frankfurt nach Hof sollte uns am Montag bevorstehen. - Aber der Südwesten bot sich für uns als Ausweg an. 

Flugroute in den Süden Deutschlands Flugroute in den Süden Deutschlands  (Details: Auf die Grafik klicken)

Erstes logistisches Problem war das Versorgen der Piloten mit den entsprechenden Karten. Die vorbereiteten Anflugskizzen wichen dem eingehenden Studium der AIP vor jeder Etappe. Der Verband der UL-Trikes blieb in Sichtweite und wurde gemeinsam zur Landung angemeldet. Durch die mitgeführten Handys konnten eventuelle Kursänderungen an die begleitende Bodencrew weitergegeben werden. Doch im Verlauf der Reise stellte sich heraus, daß alle Tagesetappen dann wie besprochen angeflogen werden konnten.
Aber gleich zur ersten Etappe nach Mosbach - Wechsel zwischen Sonne und dunklen Wolken, auch ein paar wenige Regentropfen waren darunter.
Nächstes Ziel Karlsruhe - die dunklen Wolken überwogen, aber sehenswert Bruchsal mit seinem Schloß und der unmittelbar daneben liegenden sternförmigen Gefängnisanlage.
Der Anflug auf Karlsruhe war interessant, denn die Kernforschungsanlage mit ihrem Sperrgebiet verzögerte unser Vorankommen an die Rheinauen mit ihren besseren Notlandemöglichkeiten. So mußte erst einmal der Stadtwald überquert werden, wobei ein kräftiger Regenschauer uns zu einem weiteren Ausweichen nach Osten über die Stadt gezwungen hatte, mit der positiven Folge eines direkten Anflug auf die 21 Asphalt. Wie an einer langen Schnur aufgereiht kamen die fünf Trikes auf dem imaginären Gleitpfad herab, schön anzuschauen für die Bodencrew und die hinteren Trikes. Die Landescheinwerfer der Spidertrikes kamen hier, vor den dunklen Regenwolken, erst richtig gut zur Geltung.

Losrollen von der Abstellfäche Losrollen von der Abstellfäche - Auch auf den größeren Plätzen sorgten die fünf Trikes für neugierige Augen

Nach Klärung der Unterstellmöglichkeiten auf der weiteren Flugroute, aufgrund der aktuellen Wetterlage konnten die zwei ehemaligen Militärplätze Lahr und Bremgarten in Augenschein genommen werden, eine Landeeinteilung der etwas anderen Art, bei 3 km Piste im Gegensatz zu 250 m Gras in Ippesheim, unserem Startpunkt. Eine Umrundung des Kaiserstuhls durfte bei inzwischen fast abgelaufenem Himmel natürlich nicht fehlen. Nachdem auch gegen die Schwierigkeiten des Ruhetages der ansässigen Pensionen eine Unterkunft für alle Teilnehmer gefunden wurde, konnten die Zelte im Wagen bleiben, wie übrigens während es ganzen Verlaufs unserer einwöchigen Reise. Auch die Trikes konnten an unseren Übernachtungsplätzen Bremgarten, Tannheim und Mühldorf trocken und sicher vor Gewitter untergebracht werden.

Trockenübungen Trockenübungen - Nach jedem Flug gab es wieder unendlich viel neuen Gesprächs- bzw. Anschauungsstoff

Die Wetterfrösche konnten uns auch für den nächsten Morgen keine konkrete Tendenz vorhersagen, jedoch warnten sie uns vor einem ausgedehnten Regengebiet an der französischen Grenze. Nachdem die Sonne zwei Stunden später wieder zum Vorschein kam war, die Lust auf den geplanten Dreiecksfug noch nicht sehr ausgeprägt, doch dazu noch ein recht kräftiger SO Wind und so kam der Stadtbummel im nahen Freiburg gerade recht als "Lückenfüller". Am Abend dann doch noch ein Abstecher über Herten-Rheinfelden, dem südwestlichstem Landeplatz und einen kleinen Vorgeschmack auf den Schwarzwald der am nächsten Morgen auf dem Programm stand.
Der Gipfel des Feldberges waren zwar in Wolken, aber eine Überquerung in Höhe Titisee war kein Risikounternehmen. Und so ging es vorbei an Freiburg ins Höllental Richtung Osten. Kurz zeigte sich sogar die Spitze des Feldberges, bevor er wieder im dunklen Grau verschwand. Einige Wolkenfetzen konnten den “Abstieg” nach Donaueschingen nicht beeinträchtigen, wo kurz zuvor noch ein Regenschauer die Asphaltpiste zum spiegeln brachte. Neben Karlsruhe und Bad Wörishofen mußten wir dort leider unser teuersten Landungen mit über 10,- DM berappen. Aber wir wurden anschließend mit einem Flug via Konstanz (ohne Landung, UL-Zulassung in Arbeit) mit dem Bodensee bei wolkenlosem Himmel entschädigt. Mit einer Schleife über die Burg Hohentwiel bei Singen, die Obstinsel Reichenau über die Blumeninsel Mainau wieder zu Festland bei Meersburg.

Bodensee Bodensee - Die Schattierungen des Bodenseeufers bei der Insel Reichenau

Nach kurzem Zwischenstop in Berg (UL-Platz PPR) fingen wir unseren Tankwagen/Begleitteam in Mengen wieder ein und ein weiteres Trike ergänzte unsere Runde.

Aufgereihte Trikes Aufgereihte Trikes - Alle brav in einer Reihe und der Asphalt flimmert schon, d.h. das Wetter war prächtig

Über Leutkirch steuerten wir die süddeutsche Fliegerhochburg Tannheim an. Ausgangspunkt einer berauschenden Alpen- und Schlössertour mit Landung auf dem höchsten deutsche Flugplatz in Kempten (war für unsere "übermotorisierten" Trikes jedoch kein Problem).

Berggipfel Berggipfel - “Über den Wolken ... " – aber so hoch wollten wir gar nicht hinaus, die Alpengipfel reichten schon völlig aus

In Bad Wörishofen konnten wir dann aufgrund von Fallschirmabsprungbetriebs ein 10 minütiges Holding mitmachen. Zurück ging es dann entlang der Bundesstraße durch die Kontrollzone Memmigen (mit Freigabe) direkt nach Tannheim.
Aufgrund der ausgezeichneten Beziehungen des Flugplatzes Tannheim zum benachbarten Fliegerhorts Memmingen konnten eine Landung auf diesem mit anschließender Führung durch die Flugleitung organisiert werden. Neben der Abwicklung des Flugbetriebs auf dem Tower, konnte der Radarraum in Augenschein genommen werden. Des weiteren erlebten wir den letzten Check direkt am Startpunkt für 3 Tornados (natürlich mit anschließendem Formationsstart). Das MET-Office gab uns noch eine ausführliche Wetterberatung für unseren Weiterflug nach Osten Richtung München. Als kleines Dankeschön konnten wir den Kommodore und seinen Stellvertreter eine erweiterte Platzrunde zur “Inspektion ihres Fliegerhorstes” von oben begeistern. Einen herzlichen Dank an die Führung des Fliegerhorstes/Flugleitung, die uns diesen informativen Vormittag ermöglichten.

Tornado-Jets Tornado-Jets - Vorflugkontrolle der etwas anderen Dimension oder die unkritische Annäherung UL-Piloten an Militärjet

Einen Punkt möchte ich hier allen UL-Piloten mit auf den Weg geben – Wenn wir uns in der Nähe von mil. Flugplätzen, insbesondere im Anflug-/Abflugsektor aufhalten, scheut euch nicht dies dem Tower auf der 122.100 mitzuteilen. Dazu ist weder englischer Flugfunk erforderlich, noch werden Flugsicherungsgebühren durch die Bundeswehr erhoben. Die Flugleitung in Memmingen geht sogar noch weiter und sagt, ihr ist es lieber ein UL bittet um einen Durchflug durch die Kontrollzone, z.B. in Höhe des Flugplatzes mit 1000 ft GND, als einer der sich krampfhaft bemüht genau außerhalb der Kontrollzone “vorbei zu mogeln”. Die Flugleitung, wie hier in Memmingen, hat 6 verschiedene Frequenzen ständig in Hörbereitschaft und kann ihren Verkehr entsprechend informieren. Und hören tun die uns auf jeden Fall, da deren Funkgeräte über ein vielfaches an Leistung unserer kleinen ICOM-Geräte verfügen. Zum Radar ist zu sagen, daß sie uns dort auf jeden Fall sehen können, wenn sie wollen (Abhängig von der Einstellung am Bildschirm, Stichwort Cluster in Bodennähe).
Unser weiterer Weg führte uns nun über den Ammersee und dem Heiligen Berg (Kloster Andechs), dem Starnberger See südlich an München vorbei. Wir konnten den Zankapfel Neubiberg und die Neue Messe München auf dem ehemaligen Flugplatz Riem aus gebührender Distanz begutachten, bevor wir den UL-Platz Straßham (PPR) am Ende der A 94 nach Passau erreichten. Der Flugleiter dort kam extra wegen uns auf den Platz und hatte auch gleich eine Erfrischung im Kofferraum parat. Nach ausgiebiger Besichtigung der untergestellten Fluggeräte unterrichtete er uns noch davon, daß eine zweite Landebahn quer zur bestehenden geplant sei, ein nicht alltäglicher Gedanke auf einem UL-Gelände.

Trike im Flug Trike im Flug - Mit dem Rotax 912, unserer fliegenden Tankstelle – der freie Sitz war mit Reservesprit für die Mitflieger reserviert

Der letzte Hüpfer heute war der Flug nach Mühldorf. Ein Platz mit PPR, aber bei fliegbarem Wetter eigentlich immer besetzt, da dort einen Beobachtungsstelle fürs Wetter sitzt und eine Einsatzflugzeug zur Hagelbekämpfung mit Silberjodit stationiert ist. Das neue Flughafenrestaurant hat auch für den kleine Geldbeutel etwas zu bieten. Dank der Bemühungen der Flugleitung und des anwesenden Vorstandes wurde ein freier Stellplatz für unsere Trikes ausfindig gemacht, was uns vor dem herannahenden Gewitters sehr willkommen war. Am nächsten Morgen standen wir mit den Wetterprognosen wieder etwas hilflos da – Fliegen oder am Boden bleiben, aber der Wetterbeobachter gab uns zumindest bis 15:00 Uhr Hoffnung auf gewitterfreies Fliegen. So konnten wir ein Dreieck via Vilsbiburg, Regensburg, Griesau, Deggendorf und zurück nach Mühldorf fliegen. Und das Wetter hielt auch noch in den Abend hinein, so daß ein Lokalflug, bzw. ein Sprung ins benachbarte Ampfing möglich war.

Flugplanung Planung - Flugvorbereitung mit AIP, Karten, GPS usw.

An unserem Rückreisetag (Pfingstsonntag) war auch wieder erhöhte Gewitterneigung angesagt und so bemühten wir uns einige Strecke Richtung Heimat Ippesheim gut zu machen. Da Beilngries erhöhten Segelflugbetrieb meldete und keine Landung möglich, war ging es gleich bis nach Thalmäßing. Ein im Erprobungsprogramm befindlicher UL-Hubschrauber flog dort seine Platzrunden. Eine dunkle Gewitterwolke im Süden legte uns den Weg nach Ansbach im Nordwesten nahe, der geplante Abstecher zum Segelfluggelände Weissenburg-Wülzburg mußte fallen gelassen werden. Dafür konnten wir in Anspach Petershof unsere geballte UL-Masse dem zahlreich vorhandenen Publikum vor der Hausterrasse präsentieren. “Kommt nur weit genug an die Terrasse heran” war die Abstellanweisung des Towers. Auf dem weiteren Flug nach Ippesheim war noch Bad Winsheim unter uns, den wir quasi im Handstreich einnahmen, bevor wir nach einer Ehrenrunde um Ippesheim-UL, eskortiert von drei französischen Doppeldeckern, zur Abschlußlandung ansetzten.
Alles in Allem, bei den Wetteraussichten am Beginn der Woche ein Flug der alles zu bieten hatte. Die Ebene des Rheintals, leicht gewelltes Mittelgebirgsausläufer und ein Ausflug in die Alpen, sowie zu großen Militärgeländen. Wenn mir jemand das vorher prophezeit hätte, dann hätte ich so meine Zweifel gehabt, und das alles keine Tagesetappe von unserem Startpunkt Ippesheim entfernt

Zur Zusammenfassung:
21 h 39 m Flugzeit (Montag bis Pfingstsonntag)
1664 km gemäß GPS ergibt 76,8 km/h
173,- DM Landegebühr (26x) und 50,- DM Unterstellen
220 l Sprit mit Ausnahme des Doppelsitzers und des Twisters (912er Rotax mit 140 l)