Ungarn 2002
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Ungarn, die Dritte - diesmal nicht durchs Donautal

Ungarn Sommer 2002 von Viktor Wyklicky

 

Ungarn, der wohl am häufigsten genutzte Austragungsort für Internationale Ultraleichtflugmeisterschaften, war auch dieses Jahr zum 5. Mal am Zug. Zwei Mal war auch ich schon in der Pusta mit dabei, aber diesmal ging es in den Südwesten. Im Ländereck zu Österreich, Slowenien und Kroatien waren auch grenzüberschreitende Aufgaben geplant, jedoch machte die Bürokratie dem interessanten Vorhaben einen Strich durch die Rechnung.

Flugroute nach Ungarn Flugroute nach Ungarn  (Details: Auf die Grafik klicken)

Für den Anflug war bisher das Donautal eine ideale Route. Doch diesmal mit entsprechendem Glück bei der Wetterprognose, sollte es ein richtiger Alpenflug werden. Eine Variante mit Zwischenlandung in Italien war ausgearbeitet und die Entfernungen waren mit normalem Sitzfleisch zu bewältigen.

Ippesheim Frühstück mit Twister Ippesheim Frühstück mit Twister

Die erste Etappe von Ippesheim bei Würzburg nach Kempten war geprägt von ruhiger Luft, so wie man sich das von einem schönen Sommermorgen erwarten konnte. Mein Fliegerkamerad hatte am Vortag bereits recht lebhaftes Auf und Ab über den Mittelgebirgen vom Münsterland kommend “genießen” dürfen. 

Autobahnkreuz Feuchtwangen mit Cockpit Autobahnkreuz Feuchtwangen mit Cockpit

Eigentlich wollten wir auf dieser Etappe gleich noch ein paar DULV Streckenpokalpunkte auf unser Konto verbuchen, aber unter der Woche war mit Giengen und Günzburg die infrage kommenden Plätze noch nicht besetzt. Also über die Kontrollzone von Memmingen direkt nach Kempten. 

Memmingen Landung Phantom Memmingen Landung Phantom

Da sich dabei vor uns recht reges Treiben des Militärs breit machte, gaben wir unsere Flugabsicht dem Tower in Memmingen bekannt. Als Rückmeldung bekamen wir auch gleich die weiteren geplanten Aktionen auf dem Militärplatz mitgeteilt. So konnten wir ruhigen Gewissens den Start und Abflug zweier Tornados, sowie die Landung einer Phantom mit Bremsfallschirm aus sicherer Höhe beobachten. In Kempten angekommen wurde das Spektakel erst einmal bei einer Suppe und etwas zu Trinken als erstes Highlight der Reise kommentiert.

Weiter ging es mit den Flugvorbereitungen für die Alpenüberquerung und der Anmeldung auf einem italienischen UL-Platz. Den hatte ich durch Zufall im Internet entdeckt und lag noch gut im Einzugsbereich von Deutschland, wohlgemerkt mit dem Trike. Zu Mittag ging es also bei Windstille in die ersten Ausläufer der Alpen mit dem Tannheimer Tal. Auch einige Gleitschirmpiloten legten schon rege Betriebsamkeit an den Tag. Nach anfänglich spielerischem Höhengewinn, taten wir uns jetzt doch etwas schwerer die richtige Talseite zum Weiterkommen auszuwählen. Aber mit ein zwei Ehrenrunden waren die Kämme bis zum Inntal bei Imst noch keine wirkliche Herausforderung. 

Timmelsjoch - höchster Punkt Timmelsjoch - höchster Punkt

Die Höhe wurde über dem Inntal noch ausgebaut und so konnte unser Höhenrekord auf dem Weg zum Timmelsjoch auf über 9000 ft ausgebaut werden. Dieses komfortable Polster konnten wir jedoch nicht halten, da der Südwind auffrischte und die Ideallinie noch nicht gefunden wurde. Mit der noch vorhandenen Leistungsreserve wurde aber auch das Timmelsjoch mit 8200 ft genommen. Nicht kalt, aber zumindest erfrischend waren die Temperaturen in dieser Höhe schon, in der wir auch noch etwas verweilten. Westlich vorbei an Meran ging es über den Gampenpass langsam dem italienisch sprechenden Trentino entgegen. 

Termon Runway Altiport Termon Runway UL-Altiport

Ein Übertragungsfehler im GPS zeigte noch zehn Kilometer zum Platz, als ich auf der Karte vermutete, daß wir eigentlich schon angekommen sein müßten. Auch hier in dem Seitental zur Etsch war im Talgrund jedes Fleckchen Erde mit Obstplantagen übersäht. Hoch an den Berghängen bleiben bietet hier ein wenig mehr Sicherheit um im Notfall etwas mehr Zeit zum Auswählen eines geeigneten Landefeldes zu haben und gleichzeitig doch nicht die 150 Höhenmeterbegrenzung für UL zu überschreiten. Nachdem ich auf dem Boden die Landewiesen und später auch den Windsack ausmachen konnte, ging es an die Landeeinteilung. Noch mal einen Kreis um die wertvolle Höhe abzubauen und dann wurden die örtlichen Gegebenheiten immer deutlicher: Man landet quasi auf einem Altiport, nur daß dieser hier nicht an einem Kamm endet, wo man vielleicht nach dem Durchstarten gerade aus weiter kommt, sondern man muß sich rechtzeitig zu einem Missed Approach entscheiden, um vor der drohenden Bergfront abzudrehen. Bei dem vorherrschenden Crosswind kam erschwerend eine Leewalze vor der Schwelle hinzu, die am vorhergehenden Flugtag einem Dreiachser zum Verhängnis wurde. Nachdem ich sicher am Boden war, konnte ich der zweiten Maschine die entsprechenden Warnhinweise über Funk mitteilen. Einige freundliche Italiener, wir konnten uns wieder nur mit einigen Brocken von allen möglichen Sprachen, sowie Händen und Füßen verständigen, luden uns gleich zum Picknick mit Wein und alkoholfreien Getränken ein. Da wir den Wein jetzt nicht genießend durften, wurde jeder von uns mit einer Flasche zum späteren Verzehr bedacht. Auch das Spritholen in der Dorftankstelle war sofort geregelt. Und wenn wir wegen der angezeigten Gewitterneigung dort hätten Übernachten müssen, wäre das wohl auch kein Problem gewesen.

Bergpanorama Bergpanorama

So aber sollte es zurück nach Lienz in Osttirol/Österreich gehen. Weiter im Osten gelegen verspach uns der Wetterdienst eine bessere Ausgangslage für den nächsten Tag als in Höhe Trento. So bescherte uns ein rückenwindgestützter Flug entlang der höheren Berghänge des Etschtales mit sicherere Außenlandemöglichkeiten einen beeindruckenden Abend. Entlang am etwas wolkenverhangenen Rosengarten ging es über Brixen und Bruneck, dem Drautal entgegen. Mit Blick auf das Sellamassif und die schroffen Felsformationen um die Drei Zinnen war mit der anschließende Landung in Lienz-Nikolsdorf ein gelungener Alpenflug schon fast zu Ende. Die zuvorkommende Flugleitung arrangierte gleich eine Unterkunft mit Abholung und bei einem guten hausgemachten Kaiserschmarn gab es an diesem ersten Flugtag eigentlich nur Höhepunkte (relativ, wie auch absolut).

Weissensee Weissensee in idyllischer Lage

Am nächsten Morgen nach dem Tanken natürlich mit günstigem Mogas ging es dem Drautal entlang, weiter über den Weißensee, vorbei am Millstädter See nach Feldkirchen. Immer noch begleitet von mächtigen Bergen in ruhiger Morgenluft und kaum getrübten blauem Himmel. Vorbei am UL-Platz St. Donat unmittelbar nördlich der Kontrollzone Klagenfurt war unser Ziel Wolfsberg. Vor dem deftigen Schweinebraten war jedoch neben dem Tanken noch der Formalkram mit Zollanmeldung und Flugplan zu erledigen. Maribor in Slowenien stand als Nächstes auf dem Programm. Kurz vor dem Start kam noch die Gendarmerie zur Passkontrolle und dann konnte es Richtung Süden losgehen. 

Drautal in Slowenien Drautal in Slowenien

Wien Information begleitete uns die wenigen Kilometer zur slowenischen Grenze wieder an der Drau und übergab uns an Ljubljana Tower. Aufgrund unserer Flughöhe war uns klar, daß die uns jedoch nicht empfangen konnten. Auch ein späterer Anruf mit größerer Höhe blieb ohne Erfolg. Also konnten wir uns erst bei Maribor Tower melden. Vielleicht war es ein Fehler sich jetzt schon als Ultraleicht zu melden, auf jeden Fall wollte er eine Erlaubnis von Ljubljana zum Landen haben. Die bekamen wir trotz telefonischer Anfrage nicht und so wollte uns der Kontroller wieder zurück nach Österreich schicken. Im Flugplan hatten wir jedoch als Ausweichflugplatz bereits Sarmellek am Plattensee eingetragen und von diesem auch eine Landefreigabe erhalten. Also ging es mit ausreichenden Spritreserven direkt nach Ungarn.

Auch wenn die Landegebühr incl. Zollabfertigung mit 20 Euro (beim Rückflug nur noch 11 Euro) doch etwas übertrieben für den etwas einfachen Ex Militärplatz erschien, wir waren nach rund 900 km in Ungarn angekommen. Von dort war es nur noch ein Katzensprung zum Austragungsort in Nagykanizsa im Südwesten. Dazu bekamen wir noch vom Tower den Hinweis keinen Funk mehr zu benutzen, den der wäre für uns sowieso nicht vorgesehen.

 

Zum Rückflug:

Eine etwas lädierte Vorderradaufhängung, sowie die nicht ganz eindeutigen Wettervorhersagen machten Experimente auf der Rückreise einen Strich durch die Rechnung. Es wurde die kurze aber nicht minder interessante Variante mitten durch die Tauern gewählt. Nach der Abschlußveranstaltung der Europameisterschaften ging es am frühen Nachmittag zurück über Sarmellek nach Österreich. In Fürstenfeld war der Zoll informiert und wartete auch schon bei der Landung in Gestalt der Gendarmerie auf uns. Mit dem Schließen des Flugplanes waren die Formalien für den Rückflug beendet, denn von Österreich nach Deutschland ist kein Flugplan mehr Pflicht. Unsere Bodencrew hatte sich schon am Morgen auf den Rückweg gemacht und wartete in Timmersdorf-Leoben auf unser Eintreffen. Wir hatten am Vortag angefragt, ob wir dort Station machen können und hatten auch schon den Hinweis erhalten, daß mit Gewittern am Abend zu rechnen sei. Nun nachdem auch das Tanken und die obligaten Stempel nach dem Bezahlen eingeholt waren, sollte zumindest noch eine Cola und ein Snack vor der Weiterreise drin sein. Aber da rief doch glatt unser Zielort aus Timmersdorf an, mit der Aufforderung uns zu beeilen, falls wir noch vor dem Regen bei Ihnen Landen wollten. Länger als eine Stunde solle das Wetter nicht mehr mitspielen. Nun wir waren zwar Abflugbereit und mehr als eine Stunde sollte der Flug auch nicht dauern, aber dennoch prüften wir die Ausweichplätze auf der Strecke und erkundigten uns in Kapfenberg nach einer möglichen Ausweichlandung. Mit noch kräftigem Rückenwind ging es dann aber zügig Richtung angestrebtem Tagesziel. Das leicht wellige Voralpenland zog schnell unter uns hindurch und in Höhe Kloster Weiz mit dem dortigen Flugplatz auf halber Strecke begannen die Berge wieder über unsere Flugroute zu wachsen. Bis zum Murtal nördlich Graz begleitet uns die Sonne über einige grasbedeckte Kämme. Dann zog der Himmel so langsam zu und im Norden jenseits des Murtales wäre ein Weiterkommen nicht mehr möglich gewesen. Über Leoben, keine 10 km vom Landeplatz entfernt nahm auch der Gegenwind jetzt merklich zu. Mit dem erfolgreichen Funkkontakt zu Timmersdorf war aber auch der Ausweichplatz Kapfenberg kein Thema mehr. Noch einen Kamm und der Platz lag uns zu Füßen. Die Sichten waren noch gut, aber trotzdem erwischten uns noch ein paar dicke Regentropfen in der Platzrunde. 

Regenguss Timmersdorf Regenguss in Timmersdorf

Die freundliche Flugleitung öffnete uns auch gleich die Hallentore um unsere Geräte unterzustellen. Leider, wie so häufig, passte nur das Twistertrike aufgrund der geringeren Höhe durch die Hallentore. Aber auch das zweite Trike erhielt einen relativ trockenen Platz unter dem großzügigen Dach der Tankstelle. Nach dem sicheren Verzurren ging es zu einem deftigen Abendessen in das nahegelegene Restaurant. Da der Platz im Sommer auch unter der Woche besetzt ist, konnten wir ein Zimmer am Platz beziehen, bzw. die Sanitäranlagen des Campingplatzes benutzen.

Wolkenspiel Wolkenspiel

Gut ausgeschlafen und nach einen reichhaltigen Frühstück dank unserer Bodencrew konnten wir uns auf die nächste Etappe, die letzte in den Alpen, vorbereiten. Die Schlechtwetterroute über den Pyhrnpass sollte laut Wettervorhersage mindestens frei sein, die Gipfel aber noch in Wolken. Von einigen Sonnenstrahlen begleitet ging es gemächlich über den Schoberpass nach Nordwesten voran. Einige Schleierwolken hingen noch in den Wäldern, trübten die Sichten zum Weiterkommen jedoch kaum. Der Nordwestwind wurde spürbarer und nördlich des Pyhrnpasses, schon an den Nordausläufern der Alpen sah man wie die letzten Wolkenreste sich auf der Westseite kurz stauten um sich dann, nach dem Bergen ziemlich schnell aufzulösen.

Der riesige Platz in Wels konnte wieder mit Mogas aufwarten und so wurden als erstes die Trikes für die Weiterreise fertig gemacht. 

Grenzfluss Inn Grenzfluss Inn

Ein Anruf in Klatovy machte auch die letzte Hoffnung zunichte einen Abstecher in das eigentlich als Rückreise geplante Tschechien zu tätigen. Der zu starke Nordwestwind schien dort ebenso heftig auszufallen, wie bei unseren britischen Fliegerkollegen, die am Ende der Alpen in Bad Vöslau festsaßen, wie wir später mitgeteilt bekamen. Nur ein Dreiachser konnte dem Gegenwind Paroli bieten und überholte uns kurz nach unserem Start in Wels auf dem Weg nach Landshut. 

Landshut mit Jet Landshut mit Jet

In der Hoffnung, daß dort das Restaurant nicht auch am Montag Ruhetag hatte, freuten wir uns nach der über zweistündigen Arbeit auf etwas Handfestes zwischen den Kiemen. Fehlanzeige – in Eggenfelden, das wir tangierten, hätten wir vielleicht an diesem Tag mehr Erfolg gehabt.

Etwas Sprit war noch nötig um die letzte Etappe bis Würzburg zu absolvieren, also das sehenswerte Altmühltal ab Kehlheim nach Beilngries genießen. Diesmal hatten wir schon nach der Verpflegung gefragt und uns keine Hoffnungen ausgemalt, das Restaurant war geschlossen. So landeten wir nach einem immer ruhiger werdenden Flug mit doch etwas knurrendem Magen nach über 700 km Rückreise recht zufrieden im Heimathafen von Ippesheim. Kaum waren wir von den Anwesenden zu unseren Etappensiegen beglückwünscht worden, kam auch schon unser zweites Begleitfahrzeug aus dem Münsterland mit einer eigenen Story von der Grenze an. Bei dem anschließenden Abendessen ging uns also der aktuelle Gesprächsstoff keineswegs aus und der Abend hätte noch viel länger dauern können, müßte mein Mitflieger nicht am nächsten Tag noch die anspruchsvolle Strecke über die Mittelgebirge nach Münster antreten. Wie üblich waren die Wettervorhersagen nicht einig, ob es überhaupt möglich sein sollte oder unter welchen Umständen. Am Morgen brachte dann die Auskunft der nördlichen Beratung Klarheit, es ist fliegbar, wenn auch mit auflebendem Wind, natürlich auf der Nase. Aber auch diesen Wehrmutstropfen brachte mein Begleiter unbeschadet hinter sich und landete auch wohlbehalten auf seiner Heimatbase im Münsterland.

Wenn auch die Route eigentlich etwas anders geplant war, so können wir uns nicht über die getroffenen Entscheidungen beklagen, die Alpen pur erlebt zu haben - ist schon ein phantastisches Gefühl. Da kommt ein noch so ruhiger Morgenflug einfach nicht hin und selbst der ist ja schon ein besonderes Erlebnis im Vergleich zu einem thermisch erfüllten Nachmittags Kaffeeflug.

So ist die Bilanz unseres Fluges sicher nicht so berauschend in Zahlen zu fassen, vielleicht mit Ausnahme der Höhe von über 9000 ft. Trotzdem sind mit dem Trike 1700 km in 21 Stunden eine stolze Entfernung, die man in diesem Gelände erst einmal zusammen bringen muß. Eigentlich nur vier Tage haben wir für die An- und Abreise zu den Europameisterschaften in Ungarn von Würzburg aus aufgewendet und doch kam sie uns mindestens eben so lang vor wie die Meisterschaft selbst.

Neue Ideen zu Flugtouren mit und ohne sportlichem Hintergedanken kamen von Siggi Geyer, Verantwortlich für den deutschen Part der Tour de France, einer inzwischen europäischen geleiteten Flugtour. Diese dem Sachsenmarathon vergleichbare Tour werden auch von Dolmetscher begleitet um somit die vermeintlichen Hürden der Sprachbarrieren zu nehmen. Vielleicht ist das einen weitere Möglichkeit dem Streckenfliegen einen zusätzlichen Schub zu verpassen. Allerdings ist die Kapazität mit 130 Maschinen ähnlich wie beim Sachsenmarathon an Grenzen gestoßen. Trotzdem Mal sehen, wo die nächste Tour hingehen soll.