Italien Gardasee 1997
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Schlag ins Wasser - Italien auf Umwegen

Italien Herbst 1997 von Viktor Wyklicky

 

Nein, diesmal war nicht das Wetter schuld an dem verpatzten Flug über die Alpen.

Eigentlich sollte die Planung des Fluges nach Italien ein Kinderspiel werden, da ich einen ähnlichen Flug bereits im Frühjahr 97 zur Messe nach Bassano durchführen wollte. Nur einen anderen Zielflugplatz einsetzen und fertig ist die neue Reise. Das es jedoch 5 Minuten vor Torschluß noch zum kippen kommen sollte hatte ich mir nach der Vorbereitung nicht träumen lassen. Schwierig war die Suche nach einer Liste mit UL-Flugplätzen in Italien. Ich wußte aus Gesprächen mit Fliegerkameraden und aus Zeitungsberichten, daß so etwas existiert. Aber wo? Der DULV verwies mich ans italienische Internet. Dort ist aber nur eine wesentlich spärlichere Liste (zumindest für diesen Bereich Italiens) zu finden als in der Clubliste von Il Volo, die ich nach vielen Telefonaten und Faxen von einem Flugplatz erhielt, der gar keine UL-Zulassung hat. So konnte ich meine Planung gezielt auf den Bereich Gardasee zuschneiden. Zu den Telefonaten ist anzumerken, daß es sehr hilfreich ist, wenn man etwas italienisch kann, da man selbst auf einigen Flugplätzen mit Englisch nur bedingt weiter kommt.

Nun zur Anreise: Ich wußte also, daß man auf italienischen Flugplätzen mit UL Schwierigkeiten hat. Im letzten Frühjahr konnte man mir in Bozen kein Entscheidung zur Landung  geben, diese könne ich aber von der vorgesetzten Dienstelle in Verona erfragen. Dreist  dort angerufen bekam ich die Auskunft, es gäbe keine Probleme dem Microlight (Ultraleggero) in Bozen zu landen. Tja damals ging nichts wegen miserablem Wetter auf der Alpennordseite. Jetzt im Herbst waren die Aussichten in Ordnung,  aber zur Sicherheit rief ich noch mal in Bozen direkt an um meine Flugplanung zu untermauern. Und siehe da auf die Frage, ob ich mit  meinen Microlight (Ultraleggero) bei ihnen landen dürfe, bekam ich ohne Rückfrage in Verona ein – ”Kein Problem”. Bei so einem überzeugenden Ok konnte ich noch nicht ahnen, daß der eine Ja sagt, und der andere Nein. Denn als ich nach Aufgabe des Flugplans (vor 1 1/2 Stunden)  schon startbereit im Flieger saß, kam der  Hammer per Fax. ”We inform you that ultra light activity in italy only with civil aviation authorization tks”. Trotz Rückruf in Bozen bestanden sie an diesem Tag auf der Auffassung, das UL auf ihrem Platz nicht zugelassen sind. Alle Hinweise auf frühere Telefonate halfen nichts.

Resultat, viel Planung, zwei Tage mit 5 Flugstunden Anreise und Rückflug nach Leutkirch vergebens, und jetzt noch das Einfangen der Bodencrew, die inzwischen nach Bozen aufgebrochen war. Für eine planbare Flugreise nach Italien bietet sich Bozen derzeit nicht an, wäre aber einer der wenigen Zollflugplätze, welche von Deutschland aus ohne große Probleme in der Reichweite unserer Uls läge. Wie ich jetzt aber von AIS München erfahren habe, gibt es die Möglichkeit für EG-Bürger jeden anderen Flugplatz in Italien anzufliegen. Es genügt den Flugplatz eine Stunde vor Abflug direkt zu informieren. Ob diese Regelung auch für UL-Plätze gilt, konnte mir noch keiner bestätigen. Aber das werde ich auf jeden Fall zur Messe 98 in Bassano ausprobieren, wenn das Wetter mitspielt. Die letzte Möglichkeit, sich eine Ausnahmegenehmigung aus Rom zu besorgen!?!, sollte der Vergangenheit angehören, wenn ab 01. April die Grenzkontrollen auch in Italien wegfallen.

In Italien angekommen - per Bahn!

Der Gardasee – Hochburg der Surfer, aber auch Fliegen ist dort angesagt, im Norden in den Bergen Drachenfliegen und Paragliding und im Süden UL-Fliegen.

Nachdem der direkte Weg nach Italien der Behördenmentalität zum Opfer fiel, sollte zumindest nicht die gesamte UL-Flugplatzsuche und sonstige Italienvorbereitung umsonst gewesen sein. Nachdem wir uns ein schönes Plätzchen für die kommende Urlaubswoche gesucht hatten, waren natürlich auch ein paar freie Stunden für das Besichtigen der  infragekommenden UL-Gelände frei (vor Ort , nachdem ich der ital. Sprache nicht so mächtig bin, hilft die Zeichensprache hier weiter).

Aber gleich beim ersten Platz in Aligarda am Südostufer, schlechte Karten, es sah so aus als wäre das Gelände einem Disneyland-Vergnügungspark gewichen.

Nächster Platz Scalicero, 20 km südlich des Gardasees, 3 km südlich von Velletri. Der anhand des Kartenmaterials recht gut zu findende Grasplatz liegt direkt neben dem Mincio (Gardaseeausfluß). Am späteren Nachmittag (gegen 15 Uhr) findet man dort den UL-Fluglehrer Davide Burei (Hauptamtlich Testpilot auf dem Flughafen Villafranca). 4 große Zelthallen bieten für einige Dreiachs-ULs und ein Schulungstrike Unterschlupf.

Scalicero Hallen

Scalicero Hallen

Im Verlauf unseres Gesprächs in gebrochenem Englisch und viel Anschauungsmaterials kam heraus, daß er einen deutschen UL-Schein hat. Er machte ihn im Rahmen eines Erprobungsprogrammes seines Dreiachs-ULs in Neubiberg bei "Monaco" (München). Das Flugbuch, das er mir dann präsentierte, war natürlich um ein vielfaches  dicker als das meine. Nach der Prüfung meiner Papiere und der Abklärung einiger grundsätzlicher Dinge, wollte er einen Checkflug und einige Platzrunden von mir sehen.

ULM Deltaplane

ULM Deltaplane

Aber bevor wir das nach deutschen Standart spartanisch wirkende Trike (weder Rettungsgerät, keine Pflicht in Italien, noch weiterer Instrumente), ein Cama-Fläche mit Rotax 503 (Eigengeschwindigkeit gerade mal so 60 km/h), fertig machten, wollte er  noch eine Runde mit seiner eigenen Maschine drehen. Ein bulliger geschlossener Dreiachser mit Rolls-Roycs Viertakter und deutlich mehr Equipment als in einem deutschen UL. Er hatte wohl schon einige Schulungsrunden hinter sich und wollte etwas ausspannen. Was dann folgte ist auf keine Fall zur Nachahmung zu empfehlen, war aber von einmaligem Unterhaltungswert, und wie sich herausstellte, ist er Kunstflugmeister seiner Klasse.

Kunstflugdreiachser

Kunstflugdreiachser

Das Programm, durch Rauchfahnen unterstützt, und wirklich faszinierenden Flugfiguren, war selbst mit vielen Fotos nicht wiederzugeben und eine Bereicherung für so manche Flugtage. Nach der 20zig-minütigen Showeinlage (welche er im übrigen am Abend noch mal wiederholte) ging es an die Einweisung. Fläche und Motor wurden penibel überprüft, den ersten Checkflug machte er mit den entsprechenden Flugmanövern alleine. Drei Landungen doppelsitzig und drei Platzrunden alleine genügten ihm um mich nach der theoretischen Einweisung anhand der Karte auf Strecke zu schicken. Beim folgenden 1,5 stündigen Rundflug via Ceresara, Solverino, und Zagavia konnte ich nochmal die ins Auge gefaßten Plätze von oben betrachten. Es bestätigte sich der Entschluß Scalicero als Ausgangspunkt zu favorisieren.

Für den kommenden Tag vereinbarte ich noch einen Flug entlang des Südufers vom Gardasee. Die etwas diesige Sicht schmälerte die Highlights kaum, den Vergnügungspark beim ehemaligen Platz Aligarda, die Halbinsel Sirmione, die auch zu dieser Jahreszeit noch Touristenmagnet ist, weiter an Desenzano vorbei bis nach Manerbra del Garda. Auf dem Rückweg wurde ich dann doch etwas nervös, da der Gegenwind meine Groundspeed auf 30 km/h drückte (Am Flugplatz war vor dem Start und nach der Landung kaum Wind aus variablen Richtungen angesagt). Doch der gut einzusehende Tank hatte immer noch genug Sprit um eine sichere Rückkehr zu gewährleisten.

Einiges zu den UL-Flugregeln steht auf einer eigenen italienischen Internetseite (in englisch) http://www.ulm.it/leggi/leggi_en.htm

Flughöhe bis 150 m GND Wochentags, bis 300 m am Wochenende, kein Funk, kein Rettungsgerät vorgeschrieben, aber Helmpflicht, Start und Landung auf allen Geländen mit Zustimmung des Eigentümers, Versicherungssumme 1 Mio. DM, Abstand zu Flugplätzen (ohne ATZ) 5 km, Gewichte wie bei uns.

Neben den diversen mir unbekannten italienischen Dreiachsermodellen, ist wohl der Tucano S mit Rotax 582 ein ähnlich verbreitetes Modell wie bei uns der C22. Zu dem Platz Scalicero steht in der Flugplatzliste von Il Volo als Besonderheit ein Leihwagen, und in der Tat steht dort ein kleiner Fiat Panda für Ausflüge von externen Piloten zur Verfügung.

Scalicero Platz

Scaligero UL-Platz

Unterkunft wird in dem nahegelegenen Gehöft Pallazina angeboten. Camping auf dem Flugplatz ist sicher möglich, einziger Engpaß könnte vielleicht sein, daß es kein fließendes Wasser gibt. In Velletri, einer kleinen Provinzstadt gibt es neben Restaurants und Tankstelle auch die für Italien obligatorischen Kulturgüter wie Schloß und Viadukt. Wer nähere Auskünfte zum Flugplatz haben will kann diese bei Davide Burei Tel. 0039/337-460979 oder Tel/Fax /45-6300692  erhalten.

Mir brachten die beiden Flüge jedenfalls eindrucksvoll die Landschaft, den Übergang von den Alpen in die Po-Ebene näher und gaben einen kleinen Einblick in die UL-Szene in Italien.

 

Infos zu den weiteren Plätzen südlich des Gardasees:

Ceresara – Flugplatz, an dem aber nicht viel los ist. Am Sonntag als ich bei schönem Wetter ihn von oben betrachten konnte waren gerade mal 3 Autos da, aber weder Flugbetrieb noch offenen Hallentore zeugten von viel Aktivität.

Zagavia – Ein Platz, der es zumindest am Boden navigatorisch in sich hat. Von der Hauptstraße ist er trotz seiner Hanglage nicht zu entdecken. Er liegt hinter einer Kuppe, so daß man an ihm vorbei fährt ohne etwas zu merken. In einer Art Shelter unter der Erde ist eine große Halle mit Rampe, in der ein solides Dreiachser-UL gefertigt wird. Der Besitzer ist recht aufgeschlossen, was das Anfliegen mit einem fremden UL betrifft.

Solferino – Eine Piste wenige Km nördlich der Stadt in einer sonst recht fruchtbaren Gegend. Die Piste ist jedoch recht steinig und außer einem matten Windsack gibt es dort nicht viel zu berichten. Der einzige Dreiachser war hinter einer Trafostation festgemacht, aber vielleicht findet der in der nahegelegenen Farm sonst Unterschlupf.

Padenghe und Aligarda – zwei Plätze direkt am Gardasee sind definitiv nicht mehr vorhanden, dafür gibt es jedoch weitere Plätze im Südosten, südlich von Verona, aber das sind schon 60 km vom Gardasee entfernt (siehe auch Karte)

GPS Plan

In folgender Übersicht sind alle mir bekannten UL-Gelände Nordost-Italiens eingezeichnet. Es ist ein Testausdruck meines GPS Garmin II+ und dem Sharewareprogramm GarTrip aus dem Internet (siehe dort unter der Adresse: ftp://ftp-i2.informatik.rwth-aachen.de/ pub/ arnd/GPS/peter/index.html)

Zur professionellen Routenplanung verwende ich jedoch den inzwischen wohl allseits bekannten Flightplanner, welcher nicht erst seit der Messe in Friedrichshafen zum Renner wurde. Neben den aktuellen ICAO Karten können auch eigenen Karten eingescannt und verwendet werden.

Einen weiteren Bericht gibt es unter Italien 2004